Dirk Fröhlich: Radmeritz / Radomierzyce

Dirk Fröhlich (DE)

als in bergbau- und werkstättenlandschaftlichem Entwaldungsgebiet aufgewachsener Sprachbildklang-Künstler sagte sich »nur … los von der zeit, ein geist unter geistern, die kommen«. Bekannt wurden, teils mehrfach, Bodenbewegungen in Rand- und Querstrichen des verschieden benannten Gemeinwesens hie und da, zusätzlich Arbeitsaufenthalte übersee. Auch war er Herausgeber einer mittlerweile fünf Erdenteile verbindenden Kunstblättersammlung »spinne« sowie etlicher anderer Veröffentlichungen eines »buchlabors« (‘-lastschwankende Ausrutscherei’) und damit verknüpfter, stärker für muttersprachige Räume getätigter Verlagsnahmen. Neben den durch ihn ausgeführten Raumrichtungen und Ausstellungen schuf er gelegentlich Klangereignisse mit netzstromverstärkten Mehrsaitern. Kern aller Ausübungen wäre ein Gewahrwerden der Bedingtheit des Menschen im Unsagbaren gewesen.

dirk frölic (noidoitslant)

alz in bérkbau- unt vérkstetenlantsaftlicem entvaldungzgebit aufgevakzener spraxbiltklangkynztler zakte zic »nur … los von der zeit, ein geist unter geistern, die kommen«. bekant vurden, tailz mérfax, bodenbevégungen in rant- unt kvérstricen dez fersiden benanten gemainvézenz hi unt da, tzuzetzlic arbaitzaufenthalte yberzé. aux var ér herauzgéber ainer mitlervaile fynf érdentaile ferbindenden kunztbleterzamlung »spinne« zovi etlicer anderer feröfentlicungen ainez »buchlabor« (‘-laztsvangkende auzrutserai’) unt damit ferknypfter, stérker fyr muterspraxige roime getétikter ferlakznamen. nében dén durc in auzgefyrten raumrictungen unt auzstelungen suf ér gelégentlic klangeraignize mit netzstromferstérkten mérzaitern. kern aler auzybungen vére ain gevarvérden dér bedingthait dez mensen im unzakbaren gevézen.

RADOMJESITZE (‘zitlung dérer dez fridenzfroen’ – fryezt bekant ferbuxstapt 12490602 alz »rademariz«)
daz lant dér bezuntsanen (‘di baim holunder vonenden’ – dér di benenung gébende ort izt hoite stattail fon görlitz (‘baim brant’)) vurde nax dér gevaltzamen doitsen eroberung zait dém tzénten jarhundert mérfax unter vekzelnden fervaltungen tzertailt unt mit mensen fersidener értstrice durczidelt, tzuletzt in folge dez zogetzélten tzvaiten veltkrigez im tzvantziczten jarhundert. di darin gelégene ‘zitlung dérer dez fridenzfroen’ saint nax irem namen unt dér nox svax erkenbaren firtelruntlingzgestalt dér rodungzfeltflur aine noigryndung mit fir oder fynf hofstelen auz dén anfengen dér mitlervaile yber tauzentjérigen bezatzungztzait tzu zain. nae dér zitlung vurde daz lant in dén letztfergangenen tzvai jarhunderten in raupkrikzfolgen tzvai mal vilkyrlic tzvisen fersidenen grozfervaltungen tzersniten – vaic betraxtet tzuerzt nort-zytlic, spéter vezt-öztlic. nében dér snitstele dér tailungen unter dém tzuzamenfluz fon naize (‘niderungzfluz’) unt vitka (vörtlic etva ‘ritgrazvazer’ – noitzaitlice klangnaxamung ainez mérspraxic umgebildeten alten gevezernamenz, fryezt bekant 1352 alz »Wetauia« aufgetzaicnet) liz man for ainem jartzént auz tzalungzmiteln ainer zogenanten abentlendisen ainhait aine hartslambryke fyr laztkraftfarferkér zamt baitzaitigen fuzvégen yber altarme vi hauptstrom dez ‘niderungzfluzez’ erricten.

one namen [51.062645,14.971227] – aicenzetzling tzvisen aicen an altem bandam for ferlandetem fluzaltarm, blecerner behelterboden mit filtzstiftgetzaicneter buxstabenfolge an hanfsnur fon glaizlozem banbrykenbogen in dén bliken tzvaier vaizstörce unt tzén aintzeln mit aizenringfezeln gepflokter pférde:

ainmal im hak dainer hende
ainmal im haux dainer haut
ainmal der strant dainer strende
ainmal dain lant one laut

»tranzkaukazia 2013« (‘durc gaierz bérge …’) [51.060348,14.965729] – axt tzvigeraite safsédel in bauvérkspalten, viderhaupt an grynblauer kunztfazersnur unt stélerner spulféder tzvisen svalbennezterraien unter laztkraftfarferkérzbryke yber vazer.

one namen [51.058852,14.964215] – farpférnzégerétforderzaite mit durcblik auf apbruxgeboide dér éemaligen, folkzaigenen kraftvérke ‘fölkerfrointsaft’ hagenvérder an hanfsnur, feztsaumkunztstofhoker tzvisen jungen ahörnern auf fersytetem fluzaltarm, tzugesproxene vorte:

jenzaitz dér velt dér bilder
likt di velt durc bilder

one namen [51.057655,14.962778] – aicenzetzling nében aintzelnem, glaicaltem aicenviltvukz, tzvigetailte grazzode, roter firzait-bakstainspliter in vaizlicem fluzkiz, umgében fon svartzgrauen uferbefeztigungzgestainzsmeltzensplitern unt fluzzantaufligenden, vaizgrauen kornstainbodenbelakzapbrycen, draizaitic gefazt mitelz ligender esenstamstyke, hanfenez kinderspringzail mit blauen kunzstofgrifen, fogelfédern, blecerner behelterboden mit filtzstiftgetzaicneter buxstabenfolge unt zinbilt an hanfsnur fon daxlate unter grynem kunztstofgetrengkegefez, knoplauxumzetzt bai straifenvaize svartz unt rot yberstricenem, gelp kunztstofumhyltem, hartslamenem fervaltungzybergangzhinvaizpfal auf verder:
haut
zai kain angztnetz
zai ain hut um ain a
zai ain hauz entlic t

one namen [51.056973,14.962764] – apvezerkunztstofrorstyk an kunztfazerzail tzvisen hartslamgegryndeten aizernen féncenstangen mit durcbliken auf stromertzoigungzvintréder unt fluzuferbevukz auf vérder, tzugezungene vorte:

draizic di zingkenden vorte
draizic dér falende sné
draizic ferslaierte orte
draizic di ofene zé

fiser am blytengestade
farer am sturmbaume gang
bauer staint vintbryken gnade
putzer tzit érthimel lang

tzitert di érde in kraizen
zingt ire zone in gang
donert in sternen di laizen
flukfédern nabel unt tang

OZTRITZ (‘bai dén eken’ – gemaint zint di spitzen dér pféle ainer valburk)
gégenyber dez durc apvanderung srumpfenden stétcenz likt am anderen ufer im begin dér zic nax engem tale eröfnenden auenlantsaft dez ‘niderungzfluzez’ dér éemalz befeztikte »Veensberg« oder »Feensberg«, ferhoxdoitst »Venusberg« (‘vonenbérk’) – kornforratzstete, tzufluxt unt hailictum dér ‘holunderanvonenden’ vi anlaz dez slozbauez unt langvirigen loitenz dér érenvérten frauen im ‘tal dér viderstendigen’. dér auf dém bérk geérte, in doitser muntart »Flins« unt unter dén strengen ferboten dér bezatzer fon dén lenger ainhaimisen andernortz nur umvégic »apgot« gehaizene »Weles« (‘volener’) izt im tzaicen dez ap- unt tzunémenden mondez ain sytzer dez hornfiz, dér zaten dér lébenden, dér zélen dér gestorbenen, dez handelz, dér klenge unt gezenge, dér vortkynztler yberhaupt. unterhalp dez hailictumz lif in jyngerer doitser tzait ein »Poetenweg« (in engerem zin ‘spraxsöpfer-’).

‘fluxtvége’ [51.016066,14.939122] – tzvai zic glaicende, auf ainander gerictete, vaize kunztstofsilder, gryn bedrukt mit zinbilt unt vort, fersraupt auf aicenen fuzgenger- unt farratferkérzbrykenbolen

IM VAITEREN
lictbiltnerise, auzhupz- unt tragehilfztétickait bai matiaz sumanz (‘gesengk gotez …’) grazzodenumzetzung »trans_plant« (‘durc_flaxe’), zie dort,
zovi aine vintzige klangforstelung tzum »Transkaukasischen Picknick« (‘durcgaiertes pik nict’).

DANGKE
fyr filerlai unterstytzungen an stefi (‘krentzcen’) unt rolant (‘rumkyn’), an manuéla (‘got mit unz!’) unt olaf (‘anenérbe’) unt bezonderz an daniéla (‘got izt main ricter’) unt lala (‘vér izt vi got?’) – zovi fyrhaimatlicez faren an aine hazeldörflerin unt ainen tzitauer inder (‘zatenlandez flizer’) …

Geheimnisse um Radmeritz

Beiträge zu »Border : Key : Neuropa«
(‘Bretter Keil Neuropa’ – letzteres ein neben anderem auf das darin anklingende ‘Abendland’ beziehbares Neuwort Holger Wendlands (‘Eilandspeer’, im Nachnamen mögen manche das ‘Land der Wissenden’, andere eines ‘dér Freunde’, wenige auch eines ‘der Waldbewohnenden’ sehen))

RADOMIERZYCE (‘Siedlung derer des Friedensfrohen’ – frühest bekannt verbuchstabt am 2. 6. 1249 als Rademariz)
Das Land der Besunzanen (‘die beim Holunder Wohnenden’ – der die Benennung gebende Ort ist heute Stadtteil von Görlitz (‘beim Brand’)) wurde nach der gewaltsamen deutschen Eroberung seit dem zehnten Jahrhundert mehrfach unter wechselnden Verwaltungen zerteilt und mit Menschen verschiedener Erdstriche und Sprachen durchsiedelt, zuletzt in Folge des sogezählten zweiten Weltkrieges im zwanzigsten Jahrhundert. Die darin gelegene ‘Siedlung derer des Friedensfrohen’ scheint nach ihrem Namen und der noch schwach erkennbaren Viertelrundlingsgestalt der Rodungsfeldflur eine Neugründung mit vier oder fünf Hofstellen aus den Anfängen der mittlerweile über tausendjährigen Besatzungszeit zu sein. Nahe der Siedlung wurde das Land in den letztvergangenen zwei Jahrhunderten in Raubkriegsfolgen zwei Mal willkürlich zwischen verschiedenen Großverwaltungen zerschnitten – weich betrachtet zuerst nord-südlich, später west-östlich. Neben der Schnittstelle der Teilungen unter dem Zusammenfluss von Neiße (‘Niederungsfluss’) und Witka (wörtlich etwa ‘Riedgraswasser’ – neuzeitliche Klangnachahmung eines mehrsprachig umgebildeten alten Gewässernamens, frühest bekannt 1352 als Wetauia aufgezeichnet) ließ man vor einem Jahrzehnt aus Zahlungsmitteln einer sogenannten abendländischen Einheit eine Hartschlammbrücke für Lastkraftfahrverkehr samt beidseitigen Fußwegen über Altarme wie Hauptstrom des ‘Niederungsflusses’ errichten.

Ohne Namen [51.062645,14.971227] – Eichensetzling zwischen Eichen an altem Bahndamm vor verlandetem Flussaltarm, blecherner Behälterboden mit filzstiftgezeichneter Buchstabenfolge an Hanfschnur von gleislosem Bahnbrückenbogen in den Blicken zweier Weißstörche und zehn einzeln mit Eisenringfesseln gepflockter Pferde: siehe oben.

»Transkaukazja 2013« (‘Durch-Geiers-Berge …’) [51.060348,14.965729] – acht Schafschädel in Bauwerkspalten, Widderhaupt an grünblauer Kunstfaserschnur und stählerner Spulfeder zwischen Schwalbennesterreihen unter Lastkraftfahrverkehrsbrücke über Wasser.

Ohne Namen [51.058852,14.964215] – Farbfernsehgerätvorderseite mit Durchblick auf Abbruchgebäude der ehemaligen, volkseigenen Kraftwerke »Völkerfreundschaft« Hagenwerder an Hanfschnur, Festschaumkunststoffhocker zwischen jungen Ahörnern auf verschüttetem Flussaltarm, zugesprochene Worte:

Jenseits der Welt der Bilder
liegt die Welt durch Bilder.

Ohne Namen [51.057655,14.962778] – Eichensetzling neben einzelnem, gleichaltem Eichenwildwuchs, zwiegeteilte Grassode, roter Vierseit-Backsteinsplitter in weißlichem Flusskies, umgeben von schwarzgrauen Uferbefestigungsgesteinsschmelzensplittern und flusssandaufliegenden, weißgrauen Kornsteinbodenbelagsabbrüchen, dreiseitig gefasst mittels liegender Eschenstammstücke, hanfenes Kinderspringseil mit blauen Kunststoffgriffen, Vogelfedern, blecherner Behälterboden mit filzstiftgezeichneter Buchstabenfolge und Sinnbild an Hanfschnur von Dachlatte unter grünem Kunststoffgetränkegefäß, knoblauchumsetzt bei streifenweise schwarz und rot überstrichenem, gelb kunststoffumhülltem, hartschlammenem Verwaltungsübergangshinweispfahl auf Werder: siehe oben.

Ohne Namen [51.056973,14.962764] – Abwässerkunststoffrohrstück an Kunstfaserseil zwischen hartschlammgegründeten eisernen Fähnchenstangen mit Durchblicken auf Stromerzeugungswindräder und Uferbewuchs auf Werder, zugesungene Worte:

Dreißig die sinkenden Worte,
dreißig der fallende Schnee,
dreißig verschleierte Orte,
dreißig die offene See.

Fischer am Blütengestade,
Fahrer am Sturmbaume Gang,
Bauer steint Windbrücken – Gnade! –,
Putzer zieht Erdhimmel: lang.

Zittert die Erde in Kreisen,
singt ihre Sonne in Gang,
donnert in Sternen die leisen
Flugfedern, Nabel und Tang …

OSTRITZ (‘Bei den Ecken’ – gemeint sind die Spitzen der Pfähle einer Wallburg)
Gegenüber des durch Abwanderung schrumpfenden Städtchens liegt am anderen Ufer im Beginn der sich nach engem Tale eröffnenden Auenlandschaft des ‘Niederungsflusses’ der ehemals befestigte »Veensberg« oder »Feensberg«, verhochdeutscht »Venusberg« (‘Wonnenberg’) – Kornvorratsstätte, Zuflucht und Heiligtum der ‘Holunderanwohnenden’ wie Anlass des Schlossbaues und langwierigen Läutens der ehrenwerten Frauen im ‘Tal der Widerständigen’. Der auf dem Berg geehrte, in der Mundart der Eingesiedelten »Flins« und unter den strengen Verboten der Besatzer von den länger Einheimischen andernorts nur umwegig »Abgott« geheißene »Weles« (‘Wollener’) ist im ab- und zunehmenden Zeichen des Mondes ein Schützer des Hornviehs, der Saaten der Lebenden, der Seelen der Gestorbenen, des Handels, der Klänge und Gesänge, der Wortkünstler überhaupt. Unterhalb des Heiligtums lief in jüngerer deutscher Zeit ein »Poetenweg« (in engerem Sinn ‘Sprachschöpfer-’).

»Fluchtwege« [51.016066,14.939122] – zwei sich gleichende, aufeinander gerichtete, weiße Kunststoffschilder, grün bedruckt mit Sinnbild und Wort, verschraubt auf eichenen Fußgänger- und Radfahrverkehrsbrückenbohlen: siehe oben.

IM WEITEREN
lichtbildnerische, Aushub- unt Tragehilfstätigkeit bei Matthias Schumanns (‘Geschenk Gottes …’) Grassodenumsetzung »trans_plant« (‘durch_flache’), siehe dort,
sowie eine winzige Klangvorstellung zum »Transkaukasischen Picknick« (‘durchgeiertes pick nicht’).

DANKE
für vielerlei Unterstützungen an Steffi (‘Kränzchen’) und Roland (‘Ruhmkühn’), an Manuela (‘Gott mit uns!’) und Olaf (‘Ahnenerbe’) und besonders an Daniela (‘Gott ist mein Richter’) und Lala (‘Wer ist wie Gott?’) –
sowie für heimatliches Fahren an eine Haseldörflerin und einen Zittauer Inder (‘Saatenlandes Fließer’) …