Fernes Armenien – so nah! Entdeckungsreise im kleinen Kaukasus

Nur selten taucht das ferne Armenien in der deutschen Lebensrealität auf. Und selbst wenn, dann sind die Nachrichten meist geprägt entweder von innenpolitischen Krisen oder von Spannungen mit den Nachbarländern Türkei oder Aserbaidschan. Dennoch bietet das Land eine abwechslungsreiche über 3.000 Jahre alte Geschichte, in der nicht zuletzt auch Sachsen ihre Spuren hinterlassen haben. Seit fünf Jahren bereist der Dresdner Verein Kultur Aktiv das faszinierende Kultur- & Bergland und hat zahlreiche musikalische Kontakte etabliert. Gründe genug also all jenen, die keine Möglichkeit haben das Land selbst zu entdecken, die spannenden Geschichten in einem musikalischen Dokumentarfilm zu präsentieren.

Dank der Unterstützung der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen begab sich im August 2008 ein fünfköpfiges Filmteam aus Dresden auf die abenteuerliche Reise. Die Hauptstadt Eriwan lag aufgrund der sommerlichen Hitze unter einer permanenten Dunstglocke, so dass sich der über 5.000m hohe und die Stadtkulisse dominierende Ararat dem frühmorgendlichen Warten des Kameramanns Johannes Prauß völlig entzog. Das turbulente, orientalisch anmutende Treiben der Stadt selbst und insbesondere der Markthalle konnte jedoch eingefangen werden. Als Höhepunkt erwartete die Crew ein Besuch in der einzigen Moschee in Armenien. Dank geduldiger Verhandlungen des armenischen Produktionsleiters Arman Padaryan konnte der iranischen Botschaft sogar eine Drehgenehmigung abgerungen werden. In einem abgelegenen riesigen Bergtal versteckt sich das geheimnisvolle Kloster Noravank aus dem 13. Jahrhundert und bildete so eine einzigartige Kulisse für unser traditionelles Duduk-Trio des noch sehr jungen Stars Harout Chkolyan. Kaum 100km südöstlich aber aufgrund der bizarren Bergwelt eine Tagesreise entfernt, thront das Kloster Tatev aus dem Jahre 896 auf einem Felsvorsprung über dem mächtigen Tal. In der einst quirligen Universität werden heute nur noch christliche Messen vollzogen, die aber vor allem für unseren Tontechniker André Kopitsch einen Höhepunkt darstellten. Der Bruch der Radaufhängung unseres Busses auf dem unbefestigten und mehr als steilen Serpentinenweg konnte uns nicht abhalten, einem speziell sächsischen Geheimnis auf den Grund zu gehen. Die südarmenische Stadt Goris ist nicht nur wichtiger Militärstützpunkt, insbesondere durch die Nähe zur Exklave Nagorny Karabach, sondern sie fällt durch ihre streng quadratische Straßenführung auf. Das wundert umso mehr, als die Stadt in einem engen Talkessel liegt. Die Legende besagt, dass dies auf einen – obdrein namentlich unbekannten – sächsischen Städteplaner zurückginge. Im Interview mit dem örtlichen Museumsdirektor konnten wir den Fall zwar nicht endgültig klären, dennoch erhärteten sich unsere Zweifel, denn kaum eine sächsische Stadt hat derart konsequent quadratische Grundrisse. Grundrisse völlig ungewöhnlicher Art hat auch das nahegelegene Dorf Chndsoresk. Bis ins 20. Jahrhundert lebten die Bewohner des Dorfes in den bizarren Höhlen, eine überraschend echte Kulisse für einen Spielfi lm über Familie Feuerstein…

Trotz völliger internationaler Isolation finden wir in der Bergrepublik Karabach Spuren deutscher Kultur. Unsere Bücherspende findet dankbare Abnehmer im Deutschclub der Hauptstadt Stepanakert, wo helle Freude herrscht, dass echte Deutsche zu Gast sind, und André Alabaster gibt Auszüge aus Heinrich Bölls Werk zum besten. Der 40-köpfige Nationalchor empfängt uns im Kloster Gandsasar aus dem 13. Jahrhundert mit Beethovens „Ode an die Freude“, natürlich auf Deutsch. Auf dem Weg zum Sewansee passieren wir eine großartige steppige Landschaft, die uns als Kulisse für einen kurzen Trashfilm dient, den wir dank der Ähnlichkeit des Autor Winnetou widmen. Als einer der größten Hochgebirgsseen der Welt liefert uns der Sewan noch einige atmosphärische Bilder. Vor der Rückkehr nach Eriwan drehen wir im 1600 Jahre alten Bergkloster Geghard die rituelle Opferung eines Schafes. Die Kamera bleibt dabei tapfer, dochamTon brauchen wir einen Besetzungswechsel. In Eriwan werden wir dann schon erwartet und führen ein Interview mit Viktor Wuchrer, einem Vertreter der seit Jahrhunderten im Kaukasus lebenden deutschen Minderheit.

Frage an Sender Eriwan: Hat die Crew ihre Projektziele erreicht?
Antwort: Im Prinzip ja, aber uns haben sie auch diesmal wieder nicht gefunden…

Produktion, Regie, Buch: Holger Wendland

Kamera, Schnitt: Johannes Prauß

Produktionsleitung: Mirko Sennewald

Armenische Produktionsleitung, Fachbeirat: Arman Padaryan

Fachberatung: André Alabaster

Ton, Fieldrecordings: André Kopitsch

Musik:
Scatology
Nationalchor der Republik Nagorny Karabach
Haroutyun Chkolyan – Duduk
David Manukyan – Dam
Artur Baldjyan – Dhol